Ehrengabe 2020/21

Über die Autoren

Die Ehrengaben würdigen Werk und Wirken von drei Autoren – und sie erlauben einen aktuellen Überblick zur Literatur der Migration in der BRD und in der Schweiz.  
Die Literatur der Migration wird in der BRD, nach den großen Gastarbeiter-Werbekampagnen von Autoren der ersten Stunde, in mühsamer Arbeit und im Kampf gegen eine desinteressierte und abschätzige Öffentlichkeit etabliert und durchgesetzt. Wie es der Zusammensetzung der zuwandernden Bevölkerung entspricht, spielen dabei vorerst Autoren  (und   noch   kaum   Autorinnen) italienischer Herkunft eine entscheidende Rolle: Sie initiieren »Südwindgastarbeiterdeutsch« (1980) und »Südwind-Literatur« (1982); sie gründen den Polynationalen Literatur- und Kunst-Verein (PoLiKunst) (1980); sie formulieren die Grundlagen einer neuen Ästhetik, die   späterhin durch den ersten Chamisso-Preis als »Bereicherung« deutschsprachiger Literatur festgeschrieben wird.   

Alle drei Autoren erhielten den früheren Chamisso-Preis; Chiellino und Micieli hatten zudem die Dresdner Chamisso-Poetik Dozentur inne. Ihr Rang ist jeweils bereits Gegenstand der Literaturgeschichtsschreibung unserer Gegenwart. 

 

Franco Biondi




Franco Biondi (Jahrgang 1947) ist in dieser Gruppierung der einzige ›Gastarbeiter‹, der zum Schriftsteller wird; er kommt 1965 ins Rhein-Main-Gebiet, publiziert zunächst in italienischer Sprache, dann auf Deutsch, legt berufsbegleitend das Abitur ab, studiert und ist seit Ende der 1980er Jahre in verschiedenen Funktionen als Psychotherapeut im sozialen Dienst tätig gewesen.   

Carmine Gino Chiellino 

 

Gino / Carmine Chiellino (Jahrgang   1946)   kam   1969,   um   die   Lage   der Gastarbeiter für eine soziologische Studie zu untersuchen, blieb, publiziert Lyrik und Essays und   etabliert sich als Literaturwissenschaftler, dessen Arbeit für die Anerkennung der interkulturellen Literatur in Deutschland, die für ihn stets mehrsprachig ist, bahnbrechend wird. Er hat 2000 das erste ›Handbuch der interkulturellen Literatur in Deutschland‹ herausgegeben; sein erster Roman 
»Der Engelfotograf: Eine Kindheit in Kalabrien« erschien 2016.

Francesco Micieli




Francesco Micieli (Jahrgang 1956) kam 1965 als Kind mit seinen Eltern in die Schweiz, erlebte heranwachsend, wie wenig willkommen die Fremden in diesem Land sind, studierte Germanistik und Romanistik, arbeitete als Schauspieler und Regisseur, etablierte sich als erfolgreicher Autor vor allem mit Prosabüchern, aber auch mit Libretti und jüngst mit einem Gedichtband; von 2007 bis 2010 war er Vorsitzender des Verbandes der Autorinnen und Autoren der Schweiz; er hat einen Lehrauftrag an der Schule für Gestaltung Bern/Biel sowie an der Hochschule der Künste in Bern.